Ernährung & Gesundheit
kontrovers

NEWS - 16.10.07

 

Fette weiter rehabilitiert

Auch wenn das Dogma vom "bösen" Fett schon lange wackelt, gibt es noch immer viele, die ihm anhängen. Solche "Grabenkämpfe" führen leicht zum Polemisieren und dazu, dass man sich gegenseitig nicht mehr zuhört - beides nützt weder Verbrauchern noch Patienten. Besonders erfreulich ist es daher, dass in jüngster Zeit mehrere unpolemische, sachliche aber dennoch inhaltlich gute Veröffentlichungen erschienen sind, die die Fette und insbesondere die gesättigten Fettsäuren rehabilitieren helfen.

    Am 26. September 2007 erschien in der Neuen Zürcher Zeitung ein äußerst lesenswerter Artikel von Paolo Colombani, seines Zeichens Ernährungswissenschaftler und Dozent an der ETH Zürich, mit dem Titel "Gesättigte Fette – besser als ihr Ruf". Der Untertitel lautet "Fehlende Evidenz für eine Zunahme von Herz-Kreislauf-Erkrankungen" und die ersten Zeilen lassen schon erkennen, dass dieses Papier längst überfällig war: "Seit rund 50 Jahren gelten Nahrungsfette im Allgemeinen und gesättigte Fettsäuren im Besonderen als Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Tatsächlich gibt es aber nur wenige Studien, die diese sogenannte Lipid-Hypothese untermauern; die meisten Arbeiten hingegen fanden keinen Einfluss auf das Erkrankungsrisiko."

    In der Fachzeitschrift "Obesity" (2007;15:2470-2477) erschien erstmals ein Artikel über erfolgreiche Gewichtsabnahme unter LowCarb- bzw. High-Fat-Diäten. Dazu schrieb mein Kollege Nicolai Worm: In den USA wird das Verhalten von Personen mit besonders erfolgreicher Gewichtsabnahme im National Weight Control Registry (NWCR) dokumentiert. Dies wird gerne als "Beleg" für die Überlegenheit von Low-Fat-Diäten zitiert. Selten wird dabei erwähnt, dass die bisherigen Publikationen sich auf Daten vom Beginn der 90er Jahre bezogen. Damals war die „low-fat“ Kampagne in den USA auf ihrem Höhepunkt. Alternativen wie „Low-Carb“ spielten damals keine Rolle. So verwundert es auch nicht, dass die Erfolgreichsten mit low-fat abgenommen hatten – was sicherlich auch für die am wenigsten erfolgreichen zutrifft bzw. zutraf. Im Zuge der steigenden Bedeutung von Low-Carb hatten mehr und mehr Teilnehmer der NWCR-Studie über eine „erfolgreiche Gewichtsabnahme“ bei gestiegenem Fettkonsum berichtet. Gerade ist die erste Auswertung zum "Erfolg" unter Low-Carb erschienen: Trotz höherer Fettaufnahme- und Kalorienaufnahme und geringerer körperlicher Aktivität - mit weniger Selbstbeschränkung und weniger Hunger - ist die Wiederzunahme des Gewichts über 3 Jahre vergleichbar mit der unter Low-Fat mit weniger Kalorien und mehr Bewegung und mehr Hunger.

    Wer des Englischen mächtig und am Thema Fett/Kohlenhydrate interessiert ist, sollte sich auch das neue Buch von Gary Taubes besorgen. Der mehrfach ausgezeichnete Wissenschaftsjournalist hat über 5 Jahre recherchiert und die Details zu diesem Thema zusammengetragen - und auch er (bzw. nach seiner Aussage sein Lektor) haben es geschafft, Polemik zu vermeiden. Titel des Buches: Good Calories, bad calories.

    Mein Senf dazu

    Alles absolut überfällige und lesenswerte Papiere, denen hoffentlich eine breite Publicity zuteil wird.