Ernährung & Gesundheit
kontrovers

NEWS - 2.2.05

 

"Fettes" Lehrstück in Ernährungslehre

Wer glaubt, die Ernährungswissenschaft sei emsig bestrebt, zum Wohle der Menschheit durch sorgfältige Forschung Erkenntnislücken zu schließen, liegt damit nicht immer richtig. Ganz offensichtlich geht es manchmal eher um die Frage: Wie drücke ich mich erfolgreich vor der Benennung von Belegen für meine Aussagen?

Was ist passiert? Eine bekannte Professorin der Ernährungswissenschaft behauptet öffentlich wiederholt, es sei „völlig unumstritten, dass gesättigte Fettsäuren stark das Koronarrisiko erhöhen“. Dass diese Aussage schlicht falsch ist, lässt sich allein anhand der vielen kritischen und widersprüchlichen Publikationen in der Fachliter ablesen. Doch darum geht es hier nicht. Es geht hier darum, dass die Dame mehrfach aufgefordert wurde, ihr Position zu belegen oder eben ihre Aussage zurückzunehmen. Die Kritiker bekommen – fast möchte man sagen „natürlich“ – keine Antwort. Manche Dinge erledigen sich ja bekanntlich durch Liegenlassen. Doch nun hat einer nochmal nachgefragt und etwas „Druck“ gemacht. Denn es geht hier ja nicht etwa um eine private Meinungsäußerung hinter verschlossenen Türen, sondern um die Aussage einer Fachfrau. Solche Statements werden von den Medien verbreitet und Ernährungsberatungskräfte nutzen sie, um Menschen zu beraten und zu belehren.

Also wurde die Wissenschaftlerin nochmals aufgefordert, sie möge sich äußern, auf die „substantielle Kritik“ an ihrem Vortrag antworten und ihre Aussage zurücknehmen. Als Beleg wurden aktuelle Studien beigefügt. Falls sie es nicht nötig habe zu antworten, behalte man sich vor, „die Korrespondenz (oder Nicht-Korrespondenz) … öffentlich“ zu machen.

Jetzt kam eine Antwort. Aber nicht etwa eine fachliche oder die angemahnten Belege für die kritisierte Äußerung oder gar die Rücknahme der unrichtigen Behauptung. Nein, aufgrund der „Androhung von Sanktionen“ zog sich die Professorin nun beleidigt in ihren Elfenbeinturm zurück: Ihr Kritiker werde „… vermutlich nicht ernsthaft annehmen, dass ich mich auf diesem Niveau mit Ihnen auf eine fachliche Diskussion einlassen werde. Das werde ich tatsächlich nicht tun …“

Mein Senf dazu

Das wirft kein gutes Licht auf die Ernährungswissenschaft. Gerade heute, wo die Menschen immer mehr unter Druck gesetzt werden, sich gesund zu ernähren, ist es umso wichtiger, dass die Vertreter von Forschung und Lehre up-to-date sind: Dass sie Kontroversen fachlich austragen, ungeklärte Punkte benennen und ihre öffentlichen Aussagen am Stand des Wissens orientieren können. Es ist den Verbrauchern gegenüber zynisch und fatal, wenn auch nur der Eindruck entsteht, es gehe prominenten Vertretern der Ernährungswissenschaft in erster Linie um die Klärung der Frage: Wie schaffe ich es, neue Erkenntnisse zu ignorieren, Kritik auszusitzen und stur bei meiner Meinung zu bleiben, die sich zwar nicht belegen aber aufgrund meiner Position nach Belieben wiederholen lässt?